Wintergeflüster und die Weisheit der Birke
„Wenn man gut verwurzelt und geerdet ist, dann kann man mit spielerischer Leichtigkeit im Wind tanzen.”
Es war ein wunderschöner Wintertag, der Himmel strahlend blau, die Sonne schien hell und die Erde puderzuckerweiß mit Schnee bedeckt. Es war kalt und eine dünne Eisschicht umhüllte den See. All diese Winterschönheit rückte leicht in den Hintergrund, als die majestätische Birke am anderen Seeufer in meinem Augenlicht erleuchtete. Ich konnte es kaum erwarten, endlich wieder bei ihr zu sein. Mein Schritt wurde schneller, je größer sie wurde.
Unsere Zeit zusammen hatte etwas Magisches. Erst habe ich Te Aroha für sie gesungen, dann lauschte ich ihrem Wintergeflüster, diesem scheinbar unendlich tiefen Fluss an Weisheit.


Ihre Botschaft ist klar und einfach: Wenn man gut verwurzelt und geerdet ist, ist es egal, ob der Wind von vorne, hinten, unten, oben oder überall auf einmal weht, ob er stark bläst oder als leichte Brise vorbeihuscht, denn nur dann kann man sich mit Leichtigkeit dem Wind hingeben und mit ihm tanzen.
Ich habe ihr dabei zugesehen und ihre spielerische Sanftheit mit dem Licht im Wind bewundert. Ihr ganzes Sein im Tanz mit dem Wind hatte etwas von einer bedingungslosen Annahme von allem, was ist, einer Umarmung des Kosmos auf Erden. Keine Spur von sich aufbäumen oder widersetzen. Als ob die Birke genau weiß, dass Widerstand sie nicht weit bringen wird im Leben und ihr nur unnötigen Schmerz, Leid und Verlust schenken wird. Nicht nur der Verlust eines Astes, sondern auch der Verlust ihres authentischen Selbst und ihrer Integrität als Birke.
Sie erzählte mir von ihren Nachbarn, den Kiefern im Wald gerade rüber, die eine etwas andere Beziehung mit dem Wind haben. So passiert es manchmal, dass eine der Kiefern ihre Krone oder einen großen Ast verliert oder gar komplett entwurzelt wird, wenn der Wind mal so stark weht, dass es schwer für eine einzelne Kiefer ist, dauerhaft nachzugeben. „Wenn es dann mal passiert", fügt sie hinzu, „trauern wir alle.“ Vielleicht stehen sie deshalb im Verbund, um gemeinsam besser nachzugeben.
Die Birke wollte mich auch wissen lassen, dass ihre Beziehung mit dem Wind absolut gar nichts mit Macht über Dynamiken zu tun hat. Nein, es hat nichts mit Dominanz zu tun, wenn der Wind sich austobt. Sie sagte: „Du musst wissen, dass der Wind nicht gut oder böse ist. Ich und auch er existieren nicht im Konzept der Dualität. Der Wind macht einfach nur das, wozu er da ist: zu winden. Es stimmt, manchmal erscheint er als sanfte Brise, die zart über meine Rinde und durch meine vielen Arme streift, und manchmal eben nicht. Es liegt einfach in der Natur des Windes. Er ist nie der Gleiche."
Die Birke weiß, dass sie den Wind nicht ändern kann, sie kann ihn und seine immense Kraft nur akzeptieren. Sie ist dankbar, dass der Boden, in dem sie wächst, sie schon ihr Leben lang hält, dass ihre Wurzeln stark sind und gut ins tiefe Dunkel der Erde ragen, und auch, dass ihr Stamm robust und flexibel ist. Sie spielt mit dem Wind, und der Wind spielt mit ihr.
Sie erstrahlte voller lebensfroher Leichtigkeit und Resilienz. Ich bin beeindruckt von ihrer heilenden Kraft, ganz allein durch ihr Dasein. Da ist eine gewisse innere Stabilität und tief in sich ruhende Fülle, die sie mit Einfachheit tanzen lässt. Die Birke ist eine wahre Göttin des Lichtes. Ich sehe in ihr die Verkörperung von Reinheit, ein Symbol für neue Energien, Hoffnung und Wachstum.



Beim Verabschieden fragte sie: „Wo spürst du den Wind in deinem Leben, und kannst vielleicht noch spielerischer mit ihm tanzen?"
Lang lebe die Birke!
Happy Friday! Im subscriber chat habe ich ein paar meiner Antworten auf die Frage der Birke geteilt: „Wo spürst du den Wind in deinem Leben, und kannst vielleicht noch spielerischer mit ihm tanzen?" - In Kurz ist es für mich die Angst vor Enttäuschung. Ein bisschen tiefer geschaut, steckt hinter der Angst, das Bedürfnis nach Verbundenheit. Aber bitte lies selbst: https://open.substack.com/chat/posts/de120757-9ac7-43c1-8581-db4fe2b4a722
Ach wie schön, die Birke, die Weissheit und Stärke der Sanftheit. Danke!